27 Jänner 2006

Salzstreuer für Gusenbauer!


Hurra, die Saliera ist wieder da! Wie kann man da reagieren, wenn nicht mit lautem Jubeln, wenn ein betagter, vermutlich nicht dem letzten Stand der Hygiene entsprechender Salzbehälter, der nicht einmal als Salzstreuer verwendet werden kann, wieder aus der buchstäblichen Versenkung in einem Waldstück bei Zwettl auftaucht?

Die Gemeinde Brand bei Zwettl freut sich vermutlich "diebisch" über die Berühmtheit, die quasi aus heiterem Himmel über den, nennen wir das Kind beim Namen: Kaff, hereingebrochen ist und aus selbigem einen Ort mit besonderer touristischer Anziehungskraft gemacht hat. Wieso auch nicht? Katastrophentourismus existiert nicht erst seit 09/11, Tsunami und New Orleans. Jetzt wird wieder eine neue Sparte kreiert: Kriminaltourismus. In wenigen Jahren wird es vielleicht sogar einen Themenpark in Brand geben, in dem Touristen - selbstverständlich gegen entsprechenden Entgelt - mit geliehenen Spaten im berühmten Saliera-Wald nach vergrabenen Plastik-Replikas des berühmten Salzfasses buddeln dürfen. Wer einen findet, darf ihn behalten und bekommt ein Erinnerungsfoto als "Finder des Schatzes". Ein "Hotel Saliera" befindet sich unmittelbar neben besagtem Waldstück, im Hotelrestaurant werden naturgemäß keine schnöden Salzstreuer auf den Gästetischen zu finden sein, sondern - erraten: Saliera-Duplikate, die ursprüngliche Funktion des Kunstwerkes erfüllend. Die Kinder erwartet auch eine besondere Süßigkeit: Lollies, die "Neptuns Dreizack" als Stiel haben - dieses Detail haben sie mit dem Saliera-Eis am Stiel gemeinsam.

Im Zusammenhang mit der Saliera konnte ein interessantes Momentum moderner österreichischer Innenpolitik beobachtet werden: Wie immer, wenn eine innenpolitische Negativschlagzeile in der veröffentlichten Meinung (sprich: Medien) auftaucht, erscheint alsbald der Rächer aller Entrechteten und Wohlstandsverlierer, der moderne Robin Hood der Armen, die Gebetsmühle des Landes... Nein, es geht ausnahmsweise nicht um Jörg Haider. Der Bärenthaler ist vollauf mit seiner Tätigkeit als Masseverwalter der unaufhaltsam auf den Konkurs zusteuernden orangen Geisterschiffes beschäftigt. Es geht um den letzten junggebliebenen Punk, der landesweit plakatieren lässt, dass Österreich etwas Besseres als ihn verdient: Alfred Gusenbauer.

Der SP-Vorsitzender (warum eigentlich nicht Generalsekretär, jener Titel würde doch einen viel ruhmreicheren Klang haben) schießt auf jede negative, Österreich betreffende Pressemeldung aus der Hüfte: Der zuständige Minister / die zuständige Ministerin / die Bundesregierung / der Bundeskanzler / der Landeshauptmann / der Bürgermeister / der Billa-Kassier ist rücktrittsreif, es ist an der Zeit, dass nach Neuwahlen endlich eine verantwortungsbewusste - in seiner Diktion: SPÖ-geführte - Regierung endlich die verdiente Position an der Spitze der Exekutive endlich überninmt.

Anfangs war es ja noch lustig, die Rücktrittsforderungen waren nicht selten sogar berechtigt. Allzu schwer hat es ihm die schwarz-blaue Regierungsriege ja nicht gemacht: In einer Abart der Methode "speed kills" wurde in Eiltempo reformiert und dazu Gesetze erlassen, die jedem erstsemestrigen Studenten der Rechtswissenschaft die Schamesröte ins Gesicht treiben würden. Allmählich wird es aber lästig: Affäre um die Klimt-Bilder - Gehrer soll zurücktreten! Die Saliera ist wieder da - egal, Gehrer und Seipel sollen zurücktreten! Rekordtief bei Temperaturen - die Bundesergierung soll zurücktreten! Tempo 50-Misere in der Bundeshauptstadt - Häupl und Sima sollen zurücktre...hoppala, der SP-Pressedienst hat wohl wieder nicht aufgepasst!? Kann dieser Mann seine Kommentare selbst noch ernst nehmen? Wenn ja, wäre er vermutlich der Einzige weit und breit - mal abgesehen von den fleissigen Helferlein der österreichischen Journaille, die bei ihm - beinahe unisono - verbale Rektalexploration betreiben. (Götz von Berlichingen hätte dies indes vermutlich pointierter und treffender ausgedrückt...) Da verwundert es einen auch nicht, wenn der Sieg der Kreisky-Abkömmlinge schon eine "g'mahte Wies'n" zu sein scheint. Nun, wenn man sich da mal nicht täuscht: Zuletzt wurden der SPÖ vor einer Nationalratswahl auch ein kräftiger Vorsprung und ein sicherer Wahlsieg prognostiziert. Was darauf folgte, wissen wir: Wahlsieg der ÖVP, die SPÖ wurde auf den zweiten Platz verwiesen und Gusenbauer muss seither notgedrungen weiterhin von der Oppositionsbank seine Rücktrittsaufforderungen in den Saal brüllen - egal, ob treffend oder vollkommen deplaziert...

Sollte Gusenbauer nach der kommenden Nationalratswahl wider (seinem) Erwarten (wieder) nicht Bundeskanzler werden, hätte ich für ihn einen Jobvorschlag: Er könnte Bahnhofsaufseher der Saliera-Waldrundfahrt-Bahn von Brand werden. Da könnte er bei der Abfahrt freudig ins Megaphon brüllen: Alle Passagiere am Bahnsteig: ZURÜCKTRETEN!